Es gibt eine Reihe von bemerkenswerten Entwicklungen und Veränderungen beim Pickleball, die ich hier mal kurz aus meiner Sicht aufzeigen und zur Diskussion stellen möchte.
Wachstum
Kürzlich erhobene Statistiken und Umfragen weisen darauf hin, dass Pickleball in den USA geradezu explosionsartig an Beliebtheit gewonnen hat. Ich hatte noch Zahlen von ca. 5 Millionen Spielern in 2022 dort im Kopf, aber aktuell sind es wohl über 30 Millionen! Siehe z.B. hier. Das zeigt uns auch das gigantische Potenzial, das dieser Sport in Deutschland hat.
Jeder Schlag mit Topspin
Mittlerweile sieht man bei den Profis, dass sie praktisch jeden Schlag mit Topspin spielen: Aufschläge, Returns, Dinks, Volleys und auch 3rd Shot Drops.
Beim Aufschlag kommt noch gelegentlich ein seitlicher Slice (Curve Serve) vor.
Beim Return ist der Slice praktisch nicht mehr anzutreffen. Der Hintergrund dabei ist wohl, dass der Return mit Slice es dem Aufschläger leichter macht, den Ball relativ platt mit viel Kraft und Geschwindigkeit zu schlagen, wobei der Slice vom Return sich in Topspin beim Gegenschlag verwandelt und der Ball so trotz hoher Geschwindigkeit im Feld bleibt.
Offensive Dinks werden jetzt häufig mit Topspin gespielt, was die Chancen auf einen Pop-Up der Gegner erhöht.
Roll-Volleys mit Topspin erlauben es, den Ball auch unter Netzhöhe offensiv zu spielen.
Auch beim 3rd Shot Drop wird jetzt sehr häufig Topspin eingesetzt. Der macht einen Stop-Ball schwerer und erhöht auch wieder die Chancen, einen hohen Ball zu bekommen.
Beidhändige Rückhand ist angesagt
So gut wie alle Pros – auch die Herren – spielen mittlerweile die Rückhand beidhändig oder arbeiten daran, sie zukünftig so spielen zu können. Prominentestes Beispiel ist Ben Johns. Hintergrund dabei ist, dass man so mit der Rückhand mehr Druck machen und offensivere Bälle schlagen kann. Außerdem hat man bei Rückhand-Dinks mehr Kontrolle. Einhändig wird die Rückhand von den meisten Profis nur noch bei sonst nicht zu erreichenden Bällen eingesetzt.
Mehr und mehr Tennisspieler wechseln zu Pickleball
Das beobachte ich auch in Deutschland. In den USA führt das mittlerweile dazu, dass die Profi-Ligen immer mehr Zulauf von Tennisprofis aus der zweiten Reihe bekommen. Das macht es den etablierten Pros schwerer – selbst Ben Johns gewinnt nicht mehr jedes Turnier. Das Spiel wird dadurch m.E. athletischer und noch stärker wettkampforientiert. Was ja nicht schlecht sein muss.
Mehr Power, weniger Soft Game
Vermutlich teilweise bedingt durch den letzten Punkt (mehr Tennisspieler) sehe ich, dass heute vielfach harte Schläge gespielt werden, wo früher ein Drop Shot oder ein Dink kam. Stichwort Banger. Das fällt mir besonders bei den Profi-Damen auf. Deren Spiel ist viel schneller und härter geworden, und lange Dink-Duelle gibt es da kaum noch. Zwar glaube ich nicht, dass das Soft Game ganz verschwinden wird – nicht, solange es noch die NVZ gibt – aber es nimmt an Bedeutung ab. Das finde ich vor allem im Hinblick auf Neueinsteiger etwas problematisch, denn es fällt ihnen damit vermutlich schwerer, überhaupt ein Soft Game zu entwickeln. Warum Dinken, wenn ich mit einem harten Drive die Rally gewinnen kann? Machen die Pros doch auch so.
Schläger
Nicht wenige der oben beschriebenen Entwicklungen und Veränderungen hängen mit der Weiterentwicklung des Materials zusammen. Ohne die Carbon-Oberflächen der Schläger gäbe es z.B. nicht die universelle Verwendung von Topspin. Außerdem gehen aktuelle Veränderungen des Materials in Richtung noch mehr Power. Bei älteren Schlägern mit Carbon-Oberfläche kam es gelegentlich vor, dass sich diese Oberfläche vom Schlägerkern teiweise gelöst hat (Delamination). Dadurch entsteht ein Trampolineffekt, der den Ball stärker beschleunigt. Das war also eigentlich eine unbeabsichtigte Nebenwirkung einer Verschleißerscheinung. Bei den neuesten Modellen – z.B. Joola Perseus 3 – wird mehr Power absichtlich durch die Füllung des Wabenkerns mit Schaum erreicht.
Diese Schläger führen gerade in den USA zu Kontroversen. Es gibt Bedenken, ob solche „Hochgeschwindigkeits-Schläger“ nicht zu gefährlich sein könnten bzw. das Spielkonzept von Pickleball nicht zu stark verändern würden. Abgesehen von solchen Bedenken haben Schläger mit so viel Durchschlagskraft natürlich nicht nur Vorteile: Die Kontrolle leidet, Platzierung und Verteidigung (Stichwort Reset) wird schwerer. Gerüchten zufolge spielt Ben Johns selbst gar nicht wirklich mit dem Perseus 3, sondern nach wie vor mit dem Perseus 2, der nur für die Optik einen blauen Rand bekommen hat 😉
Schlägerzulassung und Kontrolle
In den USA müssen Schläger durch die USAP zugelassen werden. Außerdem werden bei Turnieren Kontrollen durchgeführt, ob die Schläger den Regeln entsprechen. Darum musste der Hersteller CRBN etwa Schläger zurückrufen, weil ihre Oberfläche zu rauh war. Schläger mit Delamination (Trampolineffekt) oder zu rauhen Oberflächen können wegen der Kontrollen bei wichtigen Turnieren nicht eingesetzt werden. Möglicherweise werden in der Folge noch Schläger der dritten Generation durch die USAP verboten, aufgrund der oben genannten Bedenken. In Deutschland gibt es solche Zulassungen und Kontrollen bisher meines Wissens nicht. Mit wachsender Verbreitung und Bedeutung des Sports sollte sich das aber ändern. Hoffe ich zumindest.
Dieser Eintrag wurde erstellt am Mai 10, 2024, 14:36 und wurde abgelegt unter TOI. Du kannst die Antworten auf diesen Beitrag über RSS 2.0 verfolgen. Du kannst eine Antwort schreiben oder einen Trackback von deiner eigenen Seite schicken.
Source: Pickleball spielenAnuncie Aqui / Advertise Here
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